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Die
großen philosophischen Fragen seien eigentlich banal, so Gögel, da sie
sich jeder stelle. Sicher ist zumindest, dass sie deshalb „groß“ sind,
weil sie sich jeder stellt. In den Werken des in Leipzig lebenden
Künstlers sind sie jedenfalls sehr präsent: Es geht um existenzielle
Fragen, Ängste, Bedürfnisse und Zustände. Diese werden von Gögel, der
auch zeichnet, tätowiert und bildhauerisch tätig ist, teilweise
drastisch, jedoch nie wertend dargestellt. Er erschafft in erster
Linie Formen in deckenden Farben, die er dann durch Ausprobieren und
im Schaffensprozess, der für ihn selbst eine Art Material darstellt,
so lange verändert, bis er einer bestimmten Atmosphäre oder einer
Stimmung eine bildliche Entsprechung verliehen hat. Das Besondere an
seinen Werken ist, dass die Themen von den meisten Betrachtern
intuitiv erkannt werden, wenngleich sie diese kaum je hätten
beschreiben können. Die Kombination von Wort und Bild – Gögel
verleiht seinen Arbeiten kurze aussagekräftige Titel – erklärt und
deutet das Dargestellte: In „Existenz“ zum Beispiel, vollführt die
Sonnenblume neben ihrer Aufwärtsbewegung zum Licht, gleichzeitig eine
angedeutete Gegenbewegung in Richtung Boden. Eine Verneigung, die fast
schon demutsvoll anmutet. Dass Gögel jedoch nichts von umständlichem
„Geschwurbel“ hält, erkennt man sowohl an seiner eingangs erwähnten
Bemerkung über die „großen philosophischen Fragen,“ als auch an der
Art, wie er seine Themen zur Darstellung bringt. In gleicher
Weise, wie man komplexe Satzstrukturen um universelle Gewissheiten
legen und ihnen damit eine gravitätische Schwere verleihen kann, ist
es möglich, solche Grundwahrheiten mit bildnerischen Mitteln
pathetisch zu überhöhen. Das gewählte Thema wird dazu mit großer Geste
und vor allem ohne jede Ironie umgesetzt. Nicht so bei Gögel. Zwar
wirken der enorme Formenreichtum und die düster leuchtenden Farben
mancher seiner Werke durchaus opulent – ein „barocker
Expressionismus,“ wie Gögel seine Bildsprache mit einem Augenzwinkern
nennt. Aber bei genauerem Hinsehen erkennt man, dass die Darstellungen
äußerst prägnante Metaphern für bestimmte Empfindungen oder
kommunikative Schwingungen sind, die sehr konkrete Assoziationen in
der Gefühlswelt des jeweiligen Betrachters hervorrufen können. Ein
Eindruck ähnlich dem, kurz nach dem Erwachen, wenn das Grundgefühl des
Traumes noch klar in Erinnerung, die „Geschichte“ jedoch schon
verblasst ist. Das macht Sebastian Gögels Arbeiten ebenso
eindringlich wie verwirrend: Urängste, Triebe, Neigungen, die wir
normalerweise nicht ausleben, nehmen in seinen Bildern Gestalt an und
zwar für jeden von uns auf eine ganz und gar persönliche Art und
Weise. Denn jeder Betrachter hat seine eigenen Erfahrungen und
Konflikte, deren Widerschein er in den erkennen kann.
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HAGEL |
"BOMBOM"
Installation, Skulptur, Malerei
14. März bis 31. Mai 2008
Vernissage Freitag, 14. März 2008, ab 19 Uhr
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Galerie Adler Frankfurt
am Main freut sich, vom 14. März bis 10. Mai 2008 mit BOMBOM eine
Ausstellung der aus Sebastian Gögel (*1978 Sonneberg, D) und Paule
Hammer (*1975 Leipzig, D) bestehenden Künstlerkooperation HAGEL in den
Räumen auf der Hanauer Landstraße zu präsentieren. HAGEL arbeitet seit
2004 immer wieder gemeinsam und zeigen jetzt nach Einzelausstellungen in
Leipzig, Berlin, London und Los Angeles die sechste Einzelausstellung
ihrer gemeinsamen Karriere.
Die beiden Künstler verbindet eine Liebe zum Grotesken, zum Schaurigen
und Wahnwitzigen, das sich in ihren gemeinsamen Projekten widerspiegelt:
die Installationen von HAGEL sprengen die Grenzen zwischen den Medien;
Malerei, Skulptur, Installation allein scheinen den unruhigen
Schaffensdrang, der hinter den überdimensionalen Figuren und Kreaturen
von HAGEL steckt, die den Raum nicht nur füllenden sondern ihn und alles
darin in Besitz nehmen, nicht halten zu können.
Das Vorgehen von HAGEL gleicht einem Wirbelsturm: Selten steht vor einer
Ausstellung mehr als eine Grundidee, an der Sebastian Gögel und Paule
Hammer ständig zerren und reißen, neue Elemente hinzufügen und Schwaches
abschlagen; bis zur letzten Minute vor Ort wachsen der Referenzrahmen um
die Projekte und die Komplexität der Elemente.
Vom ersten Moment an, in dem der Besucher die Ausstellung BOMBOM
betritt, beginnen mögliche Geschichten und Assoziationen auf ihn
einzuprasseln. Nach einem beinahe Grimm’schen Böse-Hexe-Prinzip locken
HAGEL den Besucher an mit visuellen Bonbons, deren Reize auf
unterschiedliche, meist von einem konjunktivierenden kleinen Seufzern
begleitete Verlangen-Wünsche-Träume ausgerichtet sind: Sie versprechen
Reichtum, Abenteuer, Geheimnisse, Mystisches und Riesiges – die
persönliche Saga, von der man schon als Kind geträumt hat.
Ein „Pingpongspiel mit Metaphern“ nennen HAGEL ihr Environment, eine
labyrinthische Struktur aus Lesarten, in die der Besucher unvermittelt
hineinfällt und von einer Szene zur nächsten hechtet: Neben den Umrissen
eines abgestürzten Kronleuchters, die mit weißen Linien auf die
pechschwarz eingefärbte Wand gezeichnet sind, enthüllt ein Wand hoher
Vorhang drei Tunnel, die vielleicht in eine andere Welt führen,
vielleicht zu ungeahnten Schätzen, vielleicht auch in eine Falle…
Wie Märchenbücher öffnen sich Geschichten, werden hervorgelockt von den
eigenwilligen Oberflächen der omnipräsenten Vasen und Gefäße, die mal
aus Zucker bestehen, mal aus Gelatine, aus Erbsen – Materialien also,
deren scheinbare Exotik sich bei näherer Betrachtung verflüchtigt und
die Objekte selbst aus der bezaubernd-beängstigenden Wunderwelt von
HAGEL zurückholt in die wirkliche Welt: Was da glitzert und schillert
scheint nur im ersten Moment kostbar, die Versprechen, kaum gegeben,
sind schon wieder gebrochen.
Die richtige Fledermaus im falschen Glockenturm, 2006 |
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Sebastian Gögel
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"FLUCH"
Malerei
30. November 2006 - 30. Januar 2007
Vernissage Donnerstag, 30. November 2006,
18 -
21 Uhr
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Galerie Adler New York
City is pleased to announce the New York solo debut of German artist
Sebastian Gögel.
In Sebastian Gögel’s (*1978 Thuringia, Germany) artworks, the world
takes on the appearance of a confusing place full of permanent
contradictions and conflicts. His particular artistic approach consists
of portraying everywhere in his pictures subterranean traps,
hiding-places and secrets, as well as fissures and hidden backgrounds,
and of turning all dimensions topsy-turvy. A gloomy world is opened to
view and shown to be inhabited by hermaphroditic beings situated
somewhere between humans and animals, between both known and unknown
stages of an ongoing evolution.
The views presented by Gögel invert reality into its opposite: inner
worlds are turned inside out, the skin is stripped away from bodies to
reveal their fleshy and formless substance, extremities are twisted and
elongated, heads are inflated, eyes shifted and noses stretched
excessively. The spaces are confusing pitfalls in which may be found
every imaginable fear and tension. Gögel creates an exaggerated
pandemonium in which all sorts of inscrutable and incomprehensible
fantasies attain their artistic form. He plays a game of distortion and
mirroring right up to its very limits: in many of his pictures, the
artist continuously multiplies various meanings and statements.
This excessive degree of energy and expressiveness is offset again and
again by works whose sobriety and purity stand in contrast to the grand
pastose gesture, and in which Gögel depicts a spectrum of strained
exertion on both the individual and social level, inasmuch he causes the
protagonists to grow rigid within a strict hierarchy and a self-imposed
discipline. He repeatedly paints and draws the embittered and contorted
physiognomies of various personalities. These figures give expression to
a degenerated social world in which everyone attempts to see through, to
assess and to deceive everyone else. Beneath the sign of spurious
respect and feigned interest, all esteem for others is surreptitiously
discarded, and one’s own advantage is single-mindedly sought after.
Oil and Acrylics on canvas, 2006 |
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Sebastian Gögels Universum wird von
monströsen Lebewesen bevölkert, die einerseits einen märchenhaften,
kindlichen Charme ausstrahlen, aber anderseits auch dunkel und bedrohlich
wirken.
Die Galerie Adler, Frankfurt am Main, präsentiert vom 3. November 2005 bis
zum 7. Januar 2006 Gemälde, Zeichnungen und Skulpturen des jungen
Leipziger Künstlers (*1978 in Sonneberg/Thüringen) in einer
Einzelausstellung.
Die Gemälde Sebastian Gögels zeigen tierähnliche Geschöpfe, die an Mythen
und Legenden erinnern. Sie verfügen über eine dunkle Ästhetik, von der
eine ebenso befremdliche wie fesselnde Anziehungskraft ausgeht, ähnlich
wie bei einem gefährlichen aber seltsam bezaubernden Unterwasserwesen
hinter einer dicken Aquarienwand, von dem man die Augen nicht abwenden
kann. Die latente Aggressivität, die in den Bildern mitschwingt, entsteht
aus der Empfindung heraus: „Ich fühle mich wie diese Kreaturen“, erklärt
Gögel, „es sind Porträts von zwischenmenschlichen Subtilitäten“.
Seine Figuren wachsen aus sich selbst heraus, entstehen ohne Vorzeichnung.
Mit dem Ziel einer möglichst großen Annäherung an seine Intuition trägt er
Schicht um Schicht neue Farbe auf die Leinwand auf, jeder neue
Pinselstrich ist wie ein Eingeständnis des Scheiterns, weil er etwas
verdeckt, das so nicht sein sollte. Diese Art, intuitiv an Motive
heranzugehen, ist charakteristisch für den Leipziger Maler. So sind seine
Gemälde gleichzeitig schön, aber unheimlich, ruhig, aber aggressiv - der
Blaue Sammler, dessen samtige Umrisse, die wie Flaum aus dem dunklen
Hintergrund hervortreten und so friedvoll an die Flügel einer weißen Taube
oder eines Engels denken lassen, zerquetscht die Köpfe der kleinen
schwarzen Kreaturen, die er in seinen Händen hält.
Die Grundidee der Vereinfachung komplexer Strukturen und Zusammenhänge,
die dennoch eine Vielzahl von Möglichkeiten der Interpretation offen
lässt, findet sich auch in Sebastian Gögels skulpturalen Werken, wie etwa
seinem zwei Meter hohen „Dunklen Planeten“ und dessen geheimnisvollem
Innenleben.
Mit seinen „Vermittlern“, kleinen, dreibeinigen und langnasig-freundlichen
Figuren aus Hartschaum, erschafft er ein simples aber in seiner
Einfachheit überaus eingängliches System zur Darstellung sozialer
Zusammenhänge. Die sieben kantenlosen Figuren, die aussehen „wie große
Schlüsselanhänger“ (Gögel), sind frei kombinierbare Platzhalter für alle
erdenklichen zwischenmenschlichen Momentaufnahmen. Gögel lässt einen
Vermittler auf den Nasen dreier anderer stehen, nennt es „Geburtstag“, er
stellt einen etwas abseits, während die anderen einen konspirativen Kreis
bilden und nennt es „Außenseiter“.
Mit dem märchenhaften, zum Teil fast kindlichen Charme, der von den
Arbeiten Sebastian Gögels ausgeht, konstruiert der junge Künstler jene Art
von Andeutungen einer universellen Wahrheit, die mehr fühlbar als wirklich
zu erfassen, noch weniger zu begreifen ist, die aber genau deshalb jede
Generation von neuem fasziniert und die zu suchen ein ewiger und
unendlicher Prozess ist - „denn darum“, so Sebastian Gögel, „geht es in
der Kunst - unsterblich zu sein“.
Sammler Purpur (2004)
Öl und Acryl auf Leinwand |
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