Latefa Wiersch - Texte

 

"Brotschneidemaschine"

Eine einfache, metallene Brotschneidemaschine steht auf einem Hocker, der ihr gleichermaßen als Sockel dient bzw. selbst zum skulpturalen Element wird. Wie dünne Beinchen wirken die Stuhlbeine des Hockers auf denen, wie ein Kopf oder Körper, die Brotschneidemaschine selbst hockt. Was wir sehen ist somit nicht eindeutig: ist es ein Körper (denn die weichen, textilen Elemente der Arbeit muten organisch und lebendig an) oder ist es schlicht eine etwas ungewöhnliche Kombination von Alltagsgegenständen? Unterhalb des Hockers befindet sich ein Eimer, in dem die offenbar schon geschnittenen Stücke aufbewahrt werden; insofern scheint die Kombination der Gegenstände durchaus eine Logik zu beinhalten. Die Wahrnehmung des Betrachters springt hin und her, man befindet sich in einem ungeklärten Zustand im "Dazwischen", zwischen Vorstellung und tatsächlich gezeigtem Ding. Auf der einen Seite stehen die erkennbaren Teile der alten, verfärbten Schaumstoffmatratze und die gestopfte Strumpfhose, die auf der anderen Seite gleichzeitig aber auch etwas anderes sind oder zu sein scheinen: Schinken, Schwarten, fingerhafte Würste. Es ist etwas zwischen die scharfen Zacken der Brotschneidemaschine geraten und quetscht sich im Kontrast zu dieser Härte weich, barock, ja geradezu niedlich dem dem Betrachter entgegen. Die Assoziation zu einem Haushaltsunfall liegt nah und verstärkt den Eindruck der Verletzlichkeit des Körpers noch. Er erscheint hier als fragiles, angreifbares "Ding", dass leicht deformiert werden kann. Insofern wird der Körper hier in einer Situation gezeigt, in der die Wahrnehmung "verschoben", d.h., durch den Unfall sensibler geworden ist. Aller Verletzlichkeit, die hier thematisiert wird steht die Ironie gegenüber. Komisch ist die altbackene- und altmodische Anmutung dieses Unfalls, der sich im trauten Heim ereignet und nicht auf der Autobahn, und folglich sind auch die Gefühlsregungen, die die Arbeit hervorruft, so ambivalent wie die Brotschneidemaschine selbst.



© 2009 All rights reserved: Galerie Adler Frankfurt - New York
Hanauer Landstraße 134, 60314 Frankfurt, Germany, +49 (0)69-43053962
mail@galerieadler.com, www.galerieadler.com